Bestechung im Gesundheitswesen

Über 344 Milliarden Euro – das entspricht über 4.000 Euro pro Einwohner – gab Deutschland laut statistischem Bundesamt im Jahr 2015 für die Gesundheit aus. Die Gesundheitsausgaben im Vergleich zu 2014 sind damit um 15 Milliarden Euro gestiegen. Die Zahlen zeigen: Der Gesundheitssektor ist ein milliardenschweres Feld, vielfach notwendige Datenschutzregeln verhindern Transparenz und schaffen damit beste Bedingungen für Korruptionsabreden.

Ist es etwa strafbar, wenn man als Arzt fürs Verschreiben bestimmter Arzneien einen "Bonus" vom Hersteller bekommt? Ist es verboten, wenn man bestimmte Medizinprodukte verwendet und dafür die Praxisausstattung gesponsert bekommt? Und kann man auf eine Fortbildungsreise, die ein Pharmaunternehmen finanziert, eigentlich Begleitung mitnehmen? Diese Fragen waren lange Zeit umstritten und es galten unterschiedliche Regeln für selbstständige und angestellte Ärzte.

So konnten sich angestellte Ärzte der Bestechlichkeit strafbar machen, während niedergelassene, selbstständige Ärzte nicht mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen brauchten. Das erschien vielen ungerecht. Mittlerweile hat der Gesetzgeber reagiert und zwei neue Tatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen entworfen, § 299a und § 299b StGB. Am 14. April 2016 verabschiedete der Bundestag den Gesetzentwurf. Ab jetzt gelten neue Regeln auf einem der größten Wirtschaftsmärkte Deutschlands. Das relativ neue Recht bietet Anlass für viel Kritik und noch viel mehr Fragen.

Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht, beantwortet im Folgenden die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen. Insbesondere erfahren Sie:

Was ist Korruption im Gesundheitswesen?

Der Begriff Korruption sagt sicherlich jedem etwas. Meist denkt man jedoch an Schmiergelder im Bauwesen oder in einer Behörde. Die Korruption im Gesundheitswesen war daher lange Zeit auch nicht explizit geregelt. Seit im Jahr 1994 der sogenannte Herzklappenskandal an die Öffentlichkeit drang, ist es kein Geheimnis mehr, dass auch im Gesundheitswesen Schmiergelder fließen und schiefe Deals geschlossen werden können. Damals sollten hochbezahlte Herzchirurgen Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen haben. Es wurden völlig überzogene Preise für Herzklappen verlangt, die von den Krankenkassen bezahlt wurden. Das "Überbezahlte" floss den Ärzten in die eigene Tasche.

Korruption ist für die gesamte Marktwirtschaft schädigend, weil sie die Regeln des freien Wettbewerbs und der damit zusammenhängenden Preisbildung umgeht und manipuliert. Ärztliche Entscheidungen müssen auf Sachlichkeit und medizinischer Notwendigkeit beruhen. Werden Medikamente und Behandlungen verschrieben, weil dafür Bonuszahlungen von Pharmaunternehmen gewährt werden, so ist der Leidtragende letztlich auch der Patient. Jedoch steht vielfach gar nicht der Gesundheitsschutz im Vordergrund (in dessen Bereich auch selten der gravierende Schaden eintreten wird) sondern der faire Wettbewerb zwischen Ärzten, Pharmaunternehmen und allen übrigen Herstellern und Leistungserbringern im Gesundheitswesen.

Warum wurde ein spezielles Strafgesetz für das Gesundheitswesen eingeführt?

Die Korruptionsdelikte in Deutschland waren bisher so geregelt, dass man sich nur als Amtsträger oder im Rahmen der freien Wirtschaft strafbar machen konnte. Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Gesundheitswesen konnten dagegen nur im Bereich der Betrugsdelikte, der Unterschlagung oder Untreue geführt werden. Die bereits bestehenden Normen der Bestechlichkeit und Bestechung waren hingegen für Mediziner nicht anwendbar.

Das hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) mit einer Aufsehen erregenden Entscheidung im März 2012 noch einmal klar gestellt. Der BGH stellte nämlich fest, dass medizinisches Personal keine Amtsträger sind und auch keine Beauftragten der gesetzlichen Krankenkassen. Soweit also Untreue (§ 266 StGB) oder Betrug (§ 263 StGB) nicht einschlägig wären, würde eine Gesetzeslücke bestehen. Wer als Vertragsarzt also einen "Deal" mit einem Pharmaunternehmen schloss und Vorteile für die Verordnung bestimmter Medikamente erhielt, blieb straffrei.

Nach langen Diskussionen verabschiedete der Bundestag schließlich ein neues Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen. Es trat im Juni 2016 in Kraft.

Wer kann sich wegen Bestechlichkeit strafbar machen?

Grundsätzlich kann sich jeder, der im Gesundheitswesen arbeitet, strafbar machen. Das Getz spricht von „Angehörigen eines Heilberufs“. Dazu zählen vor allem Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologen und Psychotherapeuten, Gesundheits- und Krankenpfleger, Ergotherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten.

Was genau regelt das neue Gesetz?

§ 299a StGB regelt die passive Bestechung. Wer also als Angehöriger eines Heilberufs im Zusammenhang mit seinem Beruf einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt und dafür jemanden in unlauterer Weise bevorzugt, kann sich strafbar machen. Der Vorteil muss nicht unbedingt für sich selbst gefordert werden, er kann auch an eine dritte Person fließen, zum Beispiel an einen Kollegen oder ein Familienmitglied.

Die Gegenleistung muss auf einer Unrechtsvereinbarung beruhen und im Zusammenhang mit dem Beruf stehen. Das heißt man verordnet zum Beispiel bestimmte Arzneien, Heil- oder Hilfsmittel, man verwendet ein bestimmtes Medizinprodukt oder Hilfsmittel und ähnliches.

§ 299b StGB regelt das Spiegelbild: nämlich die aktive Bestechung. Hier macht man sich strafbar, weil man einen Vorteil anbietet, um dafür eine Gegenleistung zu erhalten.

Was ist ein „Vorteil“ im Sinne des Gesetzes?

Ein Vorteil kann jede günstige Leistung sein. Jede Zuwendung, auf die man keinen Anspruch hat und die die wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage verbessert, stellt einen Vorteil dar. Vorteile müssen gar nicht materieller Natur sein. Das Angebot, auf einem Ärztekongress einen Vortrag zu halten und dadurch die eigene Karriere zu fördern, wenn man dafür im Gegenzug bestimmte Medizinprodukte verschreibt, stellt einen Vorteil dar.

Fordern, Sichversprechenlassen oder Annehmen eines Vorteils – was liegt wann vor?

Wie bei allen Bestechungsdelikten kann man sich auch im Gesundheitswesen durch drei verschiedene Handlungen strafbar machen: Fordern, Versprechen oder Annehmen. Fordert man einen Vorteil, so muss man eine ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung abgeben, dass man dafür eine Gegenleistung erbringt. Die andere Seite kann auch ablehnen, bereits im Fordern liegt jedoch das strafbare Verhalten.

Beim Sichversprechenlassen nimmt man das Angebot, bestochen zu werden, ausdrücklich oder konkludent an. Der Vorteil kann auch später geleistet werden.

Die Annahme des Vorteils ist schließlich die tatsächliche Entgegennahme mit dem Willen, dass man den Vorteil selbst nutzt oder einem Dritten gibt.

Was droht im Falle einer Verurteilung?

Das neue Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Bei einem besonders schweren Fall im Sinne des § 300 StGB kann eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren drohen.

Kann im Falle einer Verurteilung ein Berufsverbot drohen?

Dies ist gemäß § 70 StGB möglich. Danach kann das Gericht die Ausübung eines Berufs für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn eine Tat unter Missbrauchs des Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der damit einhergehenden Pflichten begangen wird und die Gesamtwürdigung des Falls ergibt, dass die Gefahr besteht, man werde weiterhin den Beruf missbrauchen, um erhebliche rechtswidrige Taten zu begehen. Ein Berufsverbot kann immer dann angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass eine Freiheits- oder Gelstrafe allein nicht ausreichen wird und von dem Beschuldigten weiterhin eine Gefahr ausgeht.

Bereits während des Ermittlungsverfahrens kann ein Richter ein vorläufiges Berufsverbot anordnen, wenn gewichtige Gründe dafür sprechen. Wer einem entsprechenden Berufsverbot unterliegt, darf nicht mehr im medizinischen Bereich tätig werden. Er darf auch keine Weisungen erteilen oder die Arbeit an andere Personen delegieren. Derartige Konsequenzen sind besonders hart und einschneidend, da existenzbedrohend. Man sollte daher stets einen Anwalt aufsuchen, der versuchen wird, ein drohendes Berufsverbot abzuwenden.

Neben dem Berufsverbot kann aber auch die Approbation nach § 5 Absatz 2 BÄO entzogen werden, wenn sich herausstellt, dass ein Arzt berufsunwürdig und damit unzuverlässig ist. Wann das der Fall ist, ist wiederum in § 3 Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 BÄO geregelt. Die Approbation kann auch ohne Berufsverbot oder strafrechtliche Verurteilung erfolgen. Liegt jedoch eine Verurteilung vor und besteht ein Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit und dem Fehlverhalten, ist die Gefahr der Entziehung umso höher.

Weniger eingreifend ist das Ruhen der Approbation nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 BÄO. Ist ein Arzt einer Straftat verdächtig und würde sich aus dieser seine Berufsunwürdigkeit oder -unzuverlässigkeit ergeben, so kann das Ruhen der Approbation auf unbestimmte Zeit angeordnet werden.

Schließlich kann auch ein Disziplinarverfahren drohen. Hierfür zuständig sind die bei der Kassenärztlichen Vereinigung gebildeten Disziplinar- und Zulassungsausschüsse.

Was sollte man tun, wenn man sich unsicher ist, ob ein Verhalten strafbar ist?

Die Gesetzeslage zur Korruption im Gesundheitswesen war lange Zeit nicht eindeutig. Damit ist seit 2016 scheinbar Schluss, denn seitdem gelten die neuen Tatbestände zur Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen. Was jedoch bleibt, sind viele Auslegungsfragen. Eine gefestigte Rechtsprechung zu diesem Thema existiert noch nicht. Und es kann niemand sicher voraussagen, wie die Gerichte im Einzelnen entscheiden werden. Wer sich also unsicher ist, ob die geplante Geschäftspraktik erlaubt oder verboten ist, der sollte einen Fachanwalt mit der Erstellung eines Rechtsgutachtens beauftragen.

Natürlich kann auch ein Anwalt nicht alles voraussehen und möglicherweise bewerten Staatsanwaltschaft und Gerichte die Angelegenheit anders. Dann gilt aber: war das Fehlverhalten nicht voraussehbar, so liegt regelmäßig ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor und man macht sich in diesem Fall nicht strafbar.

In welcher Art ist Korruption im Gesundheitswesen denkbar?

Eine denkbare Konstellation ist, dass Ärzte ihren Patienten bestimmte Medikamente verordnen bzw. verschreiben und dafür von dem jeweiligen Pharmaunternehmen Zuschüsse oder eine gesponserte Praxisausstattung erhalten. Solange sich jedoch aus den Verträgen keine tatsächliche Verbindung ergibt, wird ein Nachweis der Korruption kaum möglich sein.

Schließt ein Arzt zum Beispiel mit einem Pharmaunternehmen einen Beratervertrag, ohne die konkrete Leistung zu spezifizieren, oder wird sogar auf eine Dokumentation des Ganzen verzichtet, dann kann man schnell in den verdächtigen Bereich gelangen.

Unterschreitet ein vereinbarter Preis in erheblichem Maße den Wert eines Produkts oder einer Leistung, wird also nur zum „Schein“ eine Bezahlung vereinbart, stellt dies ebenfalls ein Indiz für eine Unrechtsvereinbarung dar. Der Wert gilt als erheblich unterschritten, wenn noch nicht einmal die Selbstkosten des Anbieters abgedeckt sein dürften. Doch nicht jede unter Preis verkaufte Ware deutet gleich auf eine strafbare Absprache hin. Solange ein Unternehmer auch bei einem für den Markt sehr niedrigen Preis noch Gewinn erwirtschaftet und seine Selbstkosten deckt, liegt in der Regel kein verbotenes Verhalten vor. Schließlich ist klar, dass Unternehmen mit günstigen Preisen in jeder Branche mit der Hoffnung locken, auch zukünftig diese und andere Produkte verkaufen zu können. Das ist der Kern des wirtschaftlich freien Wettbewerbs und kann nicht zum Bejahen einer Unrechtsvereinbarung führen.

Gibt es anschauliche Beispiele für Straftaten im Gesundheitswesen?

Ja, zuweilen ziehen diese auch die Aufmerksamkeit der Medien auf sich. So etwa der Fall im April 2016, als in Berlin-Spandau eine Großrazzia in einem Pflegedienst stattfand, weil man vermutete, dass Patienten zusammen mit dem Pflegedienst die Pflegeversicherung um eine Million Euro betrogen hatten. Der Pflegedient soll so vorgegangen sein: die Patienten spielten bei der Pflegeeinstufung durch die Krankenkasse stärkere Einschränkungen vor, als tatsächlich vorlagen, um eine höhere Pflegestufe und damit mehr Geld für den Pflegedienst zu erhalten. Pro Patient soll der Pflegedienst so bis zu 2.000 Euro mehr eingenommen haben. Damit die Patienten wussten, wie sie die Krankenkassen täuschten, hatten sie von dem Pflegedienst zuvor Instruktionen erhalten, zum Beispiel gebeugt zu laufen. Gegen die 41-Jährige Leiterin des Pflegedienstes, sieben Beschäftigte und 31 Patienten wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.

Dieser Fall stellt kein Einzelbeispiel dar. Es wird vermutet, dass Pflegedienste häufig Leistungen abrechnen, die tatsächlich nicht erbracht worden sind. Der Schaden, der hierbei entsteht, kann nur geschätzt werden. Durch eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Krankenkasse und Sozialhilfeträger gelingt es den Krankenkassen aber immer öfter, gefälschte Rechnungen aufzudecken und Gelder vom Pflegedienst zurückzuverlangen.

Für Schlagzeilen sorgte im Jahr 2016 auch der Betrugsverdacht der DRK Kliniken in Berlin. In großem Umfang sollten Ärzte bei ihren Abrechnungen falsche Angaben gemacht haben, man ging von einem Schaden bis zu 14 Millionen Euro aus. Staatsanwaltschaft und Polizei ermittelten jahrelang, nachdem schon 2009 ein anonymer Hinweis eingegangen war. Im Einzelnen sollen Leistungen durch Assistenzärzte erbracht, jedoch von Fachärzten abgerechnet worden sein. Zudem sollen Kassenärzte angeworben worden sein, die jedoch nur zum Schein in den Kliniken angestellt waren. Zum Teil sollen Patienten von Klinikärzten ohne kassenärztliche Zulassung behandelt worden sein. Das Verfahren wurde schließlich gegen Zahlung von mehreren tausend Euro eingestellt.

Was ist die sogenannte Unrechtsvereinbarung und wann liegt sie vor?

Allen Korruptionsdelikten ist eine sogenannte Unrechtsvereinbarung gemein. Sie stellt die Verbindung zwischen einer unlauteren Bevorzugung und einem dafür erlangten Vorteil dar. Ob eine solche Vereinbarung tatsächlich getroffen wurde, kann man nie pauschal sagen. Erst nach einer umfassenden Betrachtung des jeweiligen Falls, wobei alle Umstände analysiert werden müssen, lässt sich sagen, ob wirklich eine strafbare Handlung vorliegt.

Die Umstände, die hier eine Rolle spielen, sind einerseits die Höhe oder Art des Vorteils, die Beziehung zwischen Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer, die Transparenz bzw. Intransparenz der getroffenen Vereinbarung und andererseits die Gründe für das Treffen dieser Vereinbarung, die gegebenenfalls auch gegen eine Strafbarkeit sprechen können. So muss nicht jedes hohe Honorar für eine erbrachte Leistung auf eine unerlaubte Absprache hindeuten, und auch nicht jede Intransparenz auf „Mauscheleien“. Denn: Heilberufe unterliegen vielfach datenschutzrechtlichen Regelungen und sind damit nicht zu einem voll transparenten Verfahren verpflichtet. Dies allein stellt noch keinen Anlass für strafrechtliche Ermittlungen dar.

Eine Bevorzugung kann aber vorliegen, wenn ein Konkurrent im Wettbewerb bessergestellt wird, wobei es ausreicht, dass man diese Besserstellung anstrebt, sie muss nicht auch tatsächlich eintreten. Will man den Wettbewerb unlauter beeinflussen, kann man sich strafbar machen. Ob dabei irgendwer tatsächlich geschädigt wird, ist für die Korruptionsdelikte nicht entscheidend, da bereits die bloße Möglichkeit ausreicht. Unlauter ist eine Bevorzugung dann, wenn sie geeignet ist, Mitbewerber zu schädigen und wenn sie unter Umgehung der Regeln des Wettbewerbs stattfindet. Man wird hier also auch die Regeln des jeweiligen Heilberufs betrachten müssen. Diese stellen nämlich gewisse Verhaltensregeln dar, auf die es dann ankommt. So sind Ärzte zum Beispiel verpflichtet, nach § 30 Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ärzte), in allen vertraglichen und sonstigen beruflichen Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patienten zu wahren.

Wie lässt sich bestimmen, ob eine Gegenleistung noch angemessen ist?

Prinzipiell gilt: eine ausgesprochen hohe Vergütung stellt schnell ein Indiz für eine Unrechtsvereinbarung dar. Aber sonst schweigt das Gesetz. Und: die Ermittlungsbehörden werden im seltensten Fall tiefergehende Kenntnisse über die Angemessenheit von Preisen und Honoraren besitzen. Erst in einer Zusammenschau mit den Regeln der jeweiligen Berufsordnung, Gebührenordnungen oder bestehenden Leitlinien lässt sich ermitteln, ob ein Honorar oder eine Gegenleistung angemessen war. Hier zeigt sich schon die Schwierigkeit des Gesetzes: denn da, wo viele Normen zusammentreffen, sind auch viele Interpretationen möglich. Selbst die Gebührenordnungen für Ärzte lassen unterschiedliche Honorare je nach besonderer beruflicher Qualifikation oder Standort der Praxis zu.

Allgemein lässt sich daher nur sagen, dass auch hier jeder Fall einzeln betrachtet werden muss. Dabei muss man schauen: wie schwierig war die Aufgabe? Wieviel Zeit hat sie in Anspruch genommen? Wurde eine individuelle Vereinbarung vertraglich festgesetzt? Welche Leistungen wurden genau verlangt? Erfolgte eine zusätzliche Dokumentation (hierfür dürfen Ärzte auch zusätzliche Vergütungen verlangen)?

Ich bin Arzt und erhalte als Dankeschön von einem Patienten eine teure Flasche Wein. Ist das verboten?

Als Arzt kommt man erst einmal als tauglicher Täter in Betracht und die Flasche Wein stellt auch einen Vorteil dar – allerdings fehlt es wohl an einer Unrechtsvereinbarung und unlauteren Bevorzugung. Selbst wenn man als Arzt mit anderen Ärzten im Konkurrenzverhältnis steht, so wird der medizinische Wettbewerb in der Regel nicht dadurch verfälscht, dass sich Patienten für eine gute Behandlung bedanken. Strafrechtlich liegt hier also kein verbotenes Verhalten vor, anders kann es berufsrechtlich aussehen. Gemäß § 32 MBO-Ärzte ist es Ärzten nicht erlaubt, von Patienten Geschenke anzunehmen, schließlich soll die neutrale Entscheidung eines Arztes nicht manipuliert werden. Angemessen sind daher nur Geschenke mit sozialadäquaten Werten. Wie hoch der Wert jeweils ist, lässt sich jedoch nicht pauschal beurteilen.

Ich bin Arzt und schenke einem Patienten ein medizinisches Gerät, ist das verboten?

Gemäß § 3 Absatz 2 MBO-Ärzte ist es Ärzten grundsätzlich nicht erlaubt, im Zusammenhang mit ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren oder Produkte kostenlos abzugeben oder kostenfreie Dienstleistungen zu erbringen. Hier kann man in den Bereich der Strafbarkeit kommen. So hat der BGH die kostenfreie Abgabe von Diabetesstreifen als unlauter bejaht, sofern die Abgabe nicht anlässlich einer Schulung oder eines Notfalls erfolgte.

Wer als Arzt medizinische Produkte kostenlos abgibt, könnte dem Hersteller damit einen Vorteil verschaffen, weil der Patient so an das Produkt und den Hersteller herangeführt wird.

Ich erhalte als Arzt von einer Pharmafirma kostenfrei Geräte. Ist das ein strafbares Verhalten?

Das dürfte den klassischen Fall der Korruption im Gesundheitswesen darstellen und war letztlich auch der ausschlaggebende Punkt für die Schaffung eines neuen Gesetzes. Ein anderes anschauliches Beispiel wäre eine umsatzabhängige Vergütung eines Arztes, wenn er bestimmte Medikamente verschreibt.

Ein solches Verhalten kann strafbar sein, weil es einerseits medizinisch nicht erforderlich ist, andererseits aber auch den Wettbewerb verfälscht. Da wo Ärzte bestimmte Medikamente verschreiben, weil sie finanzielle Vorteile hierfür erhalten, erhalten diese Hersteller eine unlautere Bevorzugung gegenüber den anderen Herstellern des Medikaments. Auch das Auslegen von Flyern für bestimmte Produkte, sofern man als Arzt hierfür einen Bonus erhält, kann bereits strafbar sein.

Ist die Zuweisung zu befreundeten Ärzten bzw. zur eigenen Praxisgemeinschaft strafbar?

Ist beispielsweise jemand, der einen Heilberuf ausübt, Mitglied eines Sanitätshauses in Form einer GmbH und weist er dieser GmbH im Rahmen einer Behandlung Patienten zu, wird er dadurch anteilig am Gewinn der GmbH beteiligt und profitiert selbst auch von der Zuweisung. Durch diese Patientenzuführung kann man sich strafbar machen. Denn § 128 Absatz 2 Satz 3 SGB V verbietet "Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsveralten selbst maßgeblich beeinflussen". Eine bloße Beteiligung an einer GmbH ohne Patientenzuweisungen zu dieser wird hingegen nicht strafbar sein.

Das Verschaffen einer Geschäftschance, wozu das Zuweisen von Patienten zählt, kann als unlautere Bevorzugung gewertet werden, sofern keine medizinische Notwendigkeit vorliegt. Bei Zweifelsfragen sollte man einen Fachanwalt für Strafrecht mit einem Rechtsgutachten beauftragen, um eine eventuelle Strafbarkeit zu vermeiden.

Wann liegt ein besonders schwerer Fall der Bestechung bzw. der Bestechlichkeit vor?

Wie bei allen Korruptionsdelikten gibt es auch im Bereich des Gesundheitswesens die Möglichkeit, einen besonders schweren Fall zu begehen (§ 300 StGB). Ein solcher liegt in der Regel vor, wenn ein Vorteil großen Ausmaßes angestrebt wird, die Beteiligten gewerbsmäßig handeln oder sich zu einer Bande, zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden haben.

Eine feste Grenze, wann ein Vorteil hohen Ausmaßes erreicht ist, gibt es nicht. In der Regel wird es sich jedoch um Mindestsummen zwischen 25.000 bis 50.000 Euro handeln, wobei unter Umständen jedoch auch schon geringere Beträge einen Vorteil hohen Ausmaßes darstellen können.

Gewerbsmäßiges Handeln liegt dann vor, wenn ein regelrechtes „Schmiergeldsystem“ etabliert werden soll. Dass das System auch funktioniert oder mehrmals angewandt wird, ist hierbei nicht wichtig. Eine einzige Bestechung mit der Absicht, dies wiederholt und fortlaufend zu tun, kann ausreichen, solange man damit einen Gewinn auf unbestimmte Zeit erzielen möchte und sich so eine Einnahmequelle von gewisser Erheblichkeit sichert.

Die Bande liegt vor, wenn mindestens drei Personen zusammenwirken. In der Praxis sieht es meist so aus, dass sich derjenige, der einen Vorteil gewährt und derjenige, der ihn bekommt, zusammenschließen und in einer Organisation mit weiteren Personen eingebunden sind. Die Strafbarkeit setzt bei solchen Planungen sehr früh ein: schon das bloße Verabreden zu solchen Taten kann genügen.

All diese Fälle stellen mehr als nur eine „einfache Bestechung“ dar. Insbesondere das letzte Beispiel zeigt: es kann sehr schnell gehen, dass man von der einfachen in die schwere Bestechung gelangt. Dann ist mit einem weitaus höheren Strafmaß zu rechnen. Liegt eine Beschuldigung wegen Bestechung oder Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall vor, sollte man daher umgehend einen Fachanwalt für Strafrecht kontaktieren, um die drohenden Folgen abzuschätzen und möglichst gering zu halten.

Wann ist die Bestechung im Gesundheitswesen verjährt?

Die Frist für die Verjährung beträgt fünf Jahre (§ 78 Absatz 3 Nr. 4 StGB). Die Verjährung beginnt gemäß § 78a Satz 1 StGB mit Beendigung der Tat. Umstritten ist, wann genau die Tat beendet ist. Wenn der Vorteil geleistet wurde? Wenn ein Versprechen abgegeben wurde? Wenn eine Gegenleistung erbracht wurde? Anerkannt ist, dass die Verjährung zumindest dann beginnt, wenn ein Vorteil versprochen wurde, dieser aber nie gezahlt wird. Dann ist die Tat mit dem Versprechen beendet.

Kommt im Falle einer Beschuldigung daher die Verjährung der Tat in Betracht, sollten Sie unbedingt einen Fachanwalt für Strafrecht aufsuchen, der Ihren Fall prüfen wird.

Wie können strafbare Abreden im Gesundheitswesen überhaupt auffliegen?

Tatsächlich ist eine effektive Kontrolle des Gesundheitswesens gar nicht möglich. Auch bisher gab es schon bei Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Geregelt ist das in den §§ 81a und 197a SGB V. Diese Stellen sollen nun vereinheitlicht werden und damit besser zusammenarbeiten. Sie sollen dann gemeinsam mit den Berufskammern und Staatsanwaltschaften regelmäßig Erfahrungen austauschen.

Zum einen sollen diverse Stellen so den gleichen Wissensstand erhalten, zum anderen sollen dadurch bundesweit strafbare Handlungen im Gesundheitssektor aufgedeckt werden.

Insgesamt muss man jedoch sagen, dass der Gesundheitsmarkt unheimlich komplex und für Polizei und Staatsanwaltschaft oft ein unüberschaubares Feld ist. Für die Bekämpfung von Straftaten ist es daher effektiv, dass die Staatsanwaltschaften bei Krankenkassen und Ärztekammern Informationen und Hintergründe einsehen können, anderenfalls wäre es nahezu unmöglich, etwaige Straftaten aufzudecken.

Kritik gibt es natürlich trotzdem für das neue Gesetz. Manche Heilberufe haben eine jeweils eigene Berufsordnung mit unterschiedlich hohen Anforderungen an die berufliche Unabhängigkeit. Andere Heilberufe haben gar keine Berufsordnung. Daneben gibt es wieder ganz unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern und den jeweiligen Kammern. Das heißt: eine einheitliche Regel, welches bestimmte Verhalten ab welchem Zeitpunkt strafbar ist, existiert nicht und ist vielfach Auslegungsfrage.

Ich werde der Bestechlichkeit bzw. der Bestechung beschuldigt, wie verhalte ich mich?

Sollte gegen Sie ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechung im Gesundheitswesen eingeleitet worden sein, so ist es ratsam, erst einmal keine Aussage zu machen. Einer polizeilichen Vorladung als Beschuldigter muss man keine Folge leisten und man kann von seinem Schweigerecht Gebrauch machen.

Konsultieren Sie möglichst frühzeitig einen Fachanwalt für Strafrecht. Dieser wird zunächst Akteneinsicht beantragen und dann das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen. Im besten Fall kann das Verfahren eingestellt werden.

Der Vorwurf, man habe gegen seine ärztlichen Berufspflichten verstoßen, kann ernsthafte und weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Sie sollten sich daher umgehend um rechtliche Beratung bemühen.

Kontakt zu Rechtsanwalt Dietrich – deutschlandweite Verteidigung

Rechtsanwalt Dietrich wird in Verfahren wegen Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen deutschlandweit als Strafverteidiger tätig.

Sollte gegen Sie eine Anzeige wegen Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr vorliegen, können Sie mit Rechtsanwalt Dietrich einen unverbindlichen Besprechungstermin vereinbaren.

Rechtsanwalt Dietrich erreichen Sie unter den angegebenen Kontaktdaten. Sie können auch telefonisch einen Besprechungstermin mit Rechtanwalt Dietrich vereinbaren. Sollten Sie aufgrund der Entfernung einen persönlichen Besprechungstermin in Berlin nicht wahrnehmen können, können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.