Die Vergewaltigung – Voraussetzungen und Folgen

Rechtsanwalt Dietrich, als Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin Kreuzberg, erklärt Ihnen im Folgenden den Straftatbestand der Vergewaltigung und andere Formen der sexuellen Nötigung im besonders schweren Fall.

Rechtsanwalt Dietrich beantwortet insbesondere folgende Fragen:

Was bedeutet Vergewaltigung im strafrechtlichen Sinne?

Die Vergewaltigung ist nach dem Strafgesetzbuch ein besonders schwerer Fall der sexuellen Nötigung.

Eine Vergewaltigung nach § 177 Abs.2 Nr.1 StGB ist dann gegeben, wenn jemand mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere, wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Im Übrigen müssen die Tatbestandsmerkmale der sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs.1 StGB vorliegen.

Beischlaf ist der vaginale Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau. Dieser ist mit einmaligem Einführen des männlichen Gliedes in die Vagina vollzogen. Dem gleichgestellt sind auch die sonstigen sexuellen Handlungen, die mit dem Eindringen in den Körper verbunden sind, also grundsätzlich Anal- und Oralverkehr, aber auch das Einführen sonstiger Körperteile oder Gegenstände. Dies muss aber besonders erniedrigend für das Opfer sein, weshalb das Einführen eines Fingers in den Mund des Opfers oder ein Zungenkuss, trotz des Eindringens in den Körper des Opfers, keine Vergewaltigung darstellt.


Wie wird eine Vergewaltigung nach § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB bestraft?

§ 177 Abs. 2 StGB sieht für eine Vergewaltigung eine Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsentzug vor. Bei einer Verurteilung zu einer Strafe von mehr als zwei Jahren ist eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung grundsätzlich ausgeschlossen.


Welche anderen besonders schweren Fälle der sexuellen Nötigung kennt das Strafgesetzbuch und wie werden diese bestraft?

Nach § 177 Abs. 1 StGB wird mit mindestens zwei Jahren Freiheitsentzug bestraft, wer eine sexuelle Nötigung gemeinschaftlich begeht. Erforderlich hierfür ist das gemeinschaftliche Vorgehen von mindestens zwei Personen. Es kommt aber nicht darauf an, dass beide Personen sexuelle Handlungen vornehmen oder an sich vornehmen lassen. Es reicht aus, wenn eine Person das Opfer festhält, während der andere die sexuelle Handlung gegen den Willen des Opfers vornimmt.

In § 177 Abs. 3 StGB sind Fälle der sogenannten „schweren Vergewaltigung“ geregelt. Diese werden mit mindestens drei Jahren Freiheitsentzug bestraft.

Der erste Fall der schweren Vergewaltigung ist gegeben, wenn man bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt. Für das „Beisichführen“ reicht es aus, dass die Waffe oder das gefährliche Werkzeug bei der Tat zur Verfügung steht, man also darauf zurückgreifen kann. Ein Tragen am Körper ist nicht notwendig.

Waffen sind bewegliche Gegenstände, die als Angriffs- oder Verteidigungsmittel konstruiert sind, und nach ihrer Art dazu geeignet und bestimmt sind, erhebliche Verletzungen von Personen zu verursachen. Dazu gehören Schusswaffen, auch die geladene Schreckschusspistole, Hieb- und Stichwaffen wie Degen oder Machete, Schlagwaffen wie Schlagringe oder Totschläger, sowie Elektroschocker und Pfefferspray.

Ein gefährliches Werkzeug ist jeder körperliche Gegenstand, der zu einem anderen Zweck konstruiert wurde, aber der im Falle seines Einsatzes gegen eine Person geeignet ist, bei dieser erhebliche Verletzungen zu verursachen. Beispielsweise ist ein Hammer eigentlich als Handwerkzeug gedacht, seine Verwendung kann aber, wenn er gegen den Kopf eines anderen eingesetzt wird, potentiell tödliche Folgen haben. Andere Beispiele wären ein Teppichmesser, Baseballschläger oder auch Hunde.

Ein weiterer Fall der schweren Vergewaltigung ist gegeben, wenn man ein sonstiges Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden. Dies kann praktisch jeder hierfür geeignete Gegenstand sein. Die klassischen Fälle hierfür sind ein Seil zum Fesseln, Klebeband zum Knebeln oder auch die täuschend echt aussehende Spielzeugpistole. Diese Gegenstände muss der Täter aber in der Absicht bei sich führen, sie auch tatsächlich bei der Tatausführung zu verwenden.

Der dritte Fall der schweren Vergewaltigung liegt vor, wenn der Täter das Opfer durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt. Hierzu muss eine konkrete Gefahr bestanden haben, dass das Opfer eine ernste und langwierige Krankheit erleidet oder seine Arbeitskraft erheblich beeinträchtigt wird.

Schließlich regelt § 177 Abs.4 StGB die Fälle der „besonders schweren Vergewaltigung“. Diese werden mit mindestens fünf Jahren Gefängnis bestraft. Eine besonders schwere Vergewaltigung liegt vor, wenn das Opfer entweder bei der Tat körperlich schwer misshandelt wird oder durch die Tat in die Gefahr des Todes gebracht wird. Eine schwere körperliche Misshandlung liegt dann vor, wenn der dem Opfer vorsätzlich erhebliche und lang andauernde Schmerzen zufügt werden. Für die Gefahr des Todes muss eine konkrete lebensbedrohliche Gefahr vorgelegen haben. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn dem Opfer ein Messer in die Brust gestoßen wird, da hierdurch die lebensnotwendigen Organe verletzt werden könnten.


Wie wird ein minderschwerer Fall bestraft?

Minder schwere Fälle der schweren Vergewaltigung und besonders schweren Vergewaltigung werden gemäß § 177 Abs.5 2.HS StGB mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.


Ist der Versuch einer sexuellen Nötigung und einer Vergewaltigung strafbar?

Ja! Gemäß § 12 Abs.1 StGB handelt es sich bei der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung um ein Verbrechen. Der Versuch eines Verbrechens ist gemäß § 23 Abs. 1 StGB stets strafbar.


Wann liegt eine sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge gemäß § 178 StGB vor und wie wird eine solche Tat bestraft?

Eine sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge gemäß § 178 StGB liegt dann vor, wenn der Täter durch eine Tat nach § 177 StGB wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers verursacht. Dafür bedarf es eines unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Tat und dem Tod des Opfers. Unerheblich ist, ob der Tod durch die Nötigungshandlung oder durch die sexuelle Handlung verursacht wird.
Der Täter muss den Tod allerdings wenigstens leichtfertig verursachen. Leichtfertig handelt der Täter dann, wenn er die Möglichkeit des Todes aus Gleichgültigkeit oder grobem Leichtsinn außer Acht lässt. Die Leichtfertigkeit dürfte regelmäßig bei schweren Gewalthandlungen, wie längerem Würgen, oder beim Einsatz gefährlicher Werkzeuge oder Waffen bei der Tat gegeben sein. § 178 StGB sieht für die sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge eine lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren vor.